Die Geschichte
„Schneewittchen“, aus der Märchensammlung der Gebrüder Grimm, war der erste abendfüllende Zeichentrickfilm aller Zeiten, der am 21. Dezember 1937 Premiere hatte. Schon dem Bankdirektor, bei dem Walt Disney einen hohen Kredit aufnehmen musste um die Produktion zu finanzieren, hatte vorausgesehen, dass Walt damit einen Haufen Geld verdienen würde – was sich letztendlich auch bewahrheitete. 1934 (nach anderen Angaben auch erst 1935) wurde mit der Produktion begonnen. Ein Disney-Zeichner erinnert sich: „Eines nachts im Jahre 1934 verbrachte Walt vier Stunden damit, uns die Geschichte von Schneewittchen zu erzählen! Er spielte die Charaktere nach, sang die Lieder und sprach.“ Nach der Erzählung machte er den Zeichnern klar, dass dies sein erster großer Film sein würde. Die Welt war durch die Wirtschaftskrise übel gezeichnet, weshalb es für Künstler aus allen möglichen Studienrichtungen ein Segen war, Arbeit zu finden. Insgesamt beschäftigte Walt Disney 750 Zeichner. Während das Budget anfangs auf etwa 400.000 $ geschätzt wurde, war bald klar, dass die Kosten ungeheuer wachsen würden. Walt ging zur Bank und lud den Direktor ein, um ihm seine bisherige Arbeit zu präsentieren. Da von vielen Szenen bisher nur Storyboards und Skizzen existierten, sprach Walt auch hier und sang die Lieder für die einzelnen Personen. Als die Vorstellung vorbei war, folgte der längste Spaziergang in Walts Leben. Er begleitete den Bankdirektor zum Auto. Währenddessen redete dieser von allem nur nicht vom Film. Als sie das Auto erreicht hatten, meinte der Bankdirektor: „Mit diesem Film werden Sie einen Haufen Geld verdienen“ und überreichte Walt den Scheck. Für den Film wurde die Multiplan-Kamera entwickelt; vor der nicht weniger als 9 hintereinander aufgereihte Scheiben gefilmt wurden, was den Szenen eine beeindruckende Raumtiefe geben sollte. Nach der zweijährigen Produktionszeit wurden auf etwa 500 Meilen Papier 2 Millionen Zeichnungen angefertigt und 2 Tonnen Farbe verwendet.
Der Erfolg
Obwohl Walt Disney von allen Seiten gewarnt wurde, niemand würde 80 Minuten lang grelle Farben aushalten, blieb er hart und enthusiastisch. Um die Gefahr wegen den „grellen Farben“ etwas abzuschwächen, ließ er außerdem eine Farbpalette entwickeln, die die Farben in einem angenehmen Pastell-Ton wiedergab. Außerdem wurden die Texttafeln (Vorspann, Ende) in über 40 Sprachen übersetzt. Am 21. Dezember 1937 wurde bei der Hollywood-Gala-Premiere über alle Mühe und alle schlaflosen Nächte entschieden. Alle Sorgen, dass der Film bei einem Erwachsenen-Publikum nicht ankommen könnte wurden durch die Seufzer, die durch das Kino tönte, zerstreut. Damals spielte der Film etwa 8 Mio. $ ein und wurde somit einer der größten Kassenerfolge aller Zeiten. 1939 wurde Walt Disney für den Film symbolisch mit einem normalen Oscar und sieben kleinen Oscars ausgezeichnet. Inflationsbereinigt hat der Film bis heute 2, 4 Mrd. $ eingespielt und liegt damit hinter „Vom Winde verweht“ (1939) und „Star Wars“ (1977) auf Platz 3 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Er bildete den Grundstein für die „Walt Disney Studios“ und seinem Erfolg ist es zu verdanken, dass eine erfolgreiche Trickfilm-Karriere folgte.
Die deutschen Synchronisationen
Weil zwischen der Filmpremiere Ende 1937 und dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich nur etwa 2 einhalb Monate lagen, war die Zeitspanne, in der die 1. deutsche Synchronisation gemacht wurde, ziemlich kurz. Da Adolf Hitler den Import amerikanischer Filme verboten hatte, versuchte man, den Umweg für die Synchronisation über Österreich zu machen. Die Fassung wurde 1938 in Wien angefertigt, wobei sich diese Angabe auf Vermutungen stützt; ebenso ist unklar, in welchem Studio gearbeitet wurde geschweige denn, ob dieses noch existiert. Die österreichische Theaterschauspielerin Paula Wessely lieh dabei Schneewittchen ihre Stimme. Für die Königin kommen aufgrund diverser Hörproben sowohl Dagny Servaes als auch Hildegard Ranczak in Frage. Die Prinzenrolle übernahm Karl Schmitt-Walter. Dem Spiegel lieh Aribert Wäscher die Stimme, selbiger sprach auch für die Zwerge Pimpel und Schlafmütz. Der Chef wurde von Otto Wallburg gesprochen, Brummbär und Hatschi von Ernst Legal. Ob „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ noch vor dem Zweiten Weltkrieg in Österreich aufgeführt wurde, ist unbekannt. Die offizielle österreichische Uraufführung erfolgte 1948 in Wien, die deutsche 1950 in Köln. 1957 wurde der Film wiederaufgeführt.
Für die zweite Wiederaufführung 1966 wurde von Simoton Film Berlin eine neue Tonspur angefertigt, die gegenüber der ersten Fassung sprachlich trivialisiert und kindgerechter gestaltet (wobei Punkt 2 meiner Meinung nach völlig unnötig war, da Disney selbst betonte, dass seine Filme nie auf Kinder spezialisiert waren). Uschi Wolff sprach hier Schneewittchen, Gisela Reißmann die Böse Königin und René Kollo den Prinzen. Den Spiegel übernahm Klaus Miedel, die Zwerge wurden im Gegensatz zur 1. Fassung alle mit verschiedenen Sprechern besetzt. Obwohl diese Fassung bei den Fans der 1. damals schon unbeliebt war, so setzte sie sich gegenüber dieser durch, allerdings erfolgte sowohl in den 70ern als angeblich auch in den 80ern Wiederaufführungen in der alten Fassung.
Als sich Ende der 80er, Anfang der 90er die VHS-Kassette zunehmend durchsetzte, so wurde natürlich auch über die Veröffentlichung von „Schneewittchen“ nachgedacht. Im Jahre 1994 sollte der Film veröffentlicht werden. Auch für dieses Release wurde eine neue Synchronisation angefertigt, wobei sowohl die Sprecher als auch der Text eher unpassend gewählt wurden. Vor allem letzteres ist eine unangenehme Mischung aus der ersten und der zweiten Fassung. Die dritte Synchronisation sorgte bei vielen Fans für Aufruhr, dennoch setzte sie sich bis heute durch und verdrängt seitdem die alten zwei Fassungen auf sämtlichen Medien.